Erfolgs-Training Pilates, aber Naming-Misserfolg! Nicht griechisch und leider keine Marke
Pilates ist eine der bekanntesten Körpertrainingsmethoden zur systematischen Kräftigung der Muskulatur. Man könnte bei der Anmutung des Namens denken, dass es sich bei Pilates um einen griechischen Philosophen (wie z.B. Platon oder Pythagoras) handelt, der diese Methode schon in der Antike entwickelt hat. „Diese Naming-Anmutung passt jedenfalls zum theoretischen Grundgerüst und der etwas anspruchsvolleren Ausgestaltung dieser Trainingsmethode“, wie Linguist und NAMBOS-Namensentwickler Markus Lindlar meint.
Doch das Training und der Name stammen nicht aus dem alten Griechenland, sondern von einem Deutschen aus Gladbach, nämlich Joseph Hubertus Pilates (1883–1967). Er arbeitete als junger Mann als Brauerei-Gehilfe und ging 1912 nach England. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde er als Deutscher in Großbritannien interniert und entwickelte dort ein ganzheitliches Körpertraining, und zwar zunächst für mit ihm internierte Soldaten.
Nach seiner Freilassung und einer Station in Hamburg wanderte Pilates 1926 in die USA aus. Dort eröffnete mit seiner Ehefrau ein Trainingsstudio in New York. Zunächst zählten viele New Yorker Tänzerinnen zu ihren Kunden, wodurch die einst für Männer entwickelte Trainingsmethode nach und nach eine immer weiblichere Akzeptanz bekam.
Pilates starb mit 84, doch leider hinterließ er kein Testament und auch keine eingetragenen Markenrechte zur Sicherung des Namens. Da „Pilates“ kein geschützter Begriff ist und eine einheitlich festgeschriebene Ausbildung fehlt, gibt es weltweit viele unterschiedlich arbeitende Pilates-Angebote und Trainer.
„Die unklare Situation führte zu vielen Marken-Auseinandersetzungen. Im Jahr 2000 soll eine Richterin New York jedoch entschieden haben, dass der Begriff Pilates von jedem benutzt werden darf – wie z.B. Yoga oder Aerobic. Kurzgefasst: Aus einem ausgearbeiteten System und einem durchgesetzten Namen ist eine beschreibende Bezeichnung für ein Training geworden, das jeder anbieten kann. Das fördert natürlich die Verbreitung der Methode, weil sie – ohne Lizenzzahlungen an Markenrechte-Nachfolger – durch viele Anbieter wahrgenommen und beworben werden kann“, so Markenanwalt und NAMBOS Geschäftsführer Peter Ströll.
Aus wirtschaftlicher Sicht ist dies für die Rechte-Nachfolger von Joseph Hubertus Pilates bedauerlich, denn sie können die Rechte aus dem Namen Pilates nicht mehr wirtschaftlich verwerten. Millioneneinnahmen können sie daher nicht mehr daraus ziehen.
Andere Trainingsmethoden und deren Erfinder haben im Naming mehr auf Markennamen und deren Lizensierbarkeit gesetzt. Dies ist z.B. bei den Methoden Zumba® und Less Mills® der Fall.
So wurde beispielsweise das Fitness-Konzept Zumba® vom Tanztrainer und Choreografen Alberto Pérez in den 1990er Jahren in Kolumbien entwickelt. Dabei soll die Grundidee durch einen Zufall entstanden sein. Denn kurz vor einem seiner Aerobic-Kurse fiel Perez auf, dass er die dafür normalerweise genutzte Musik zu Hause vergessen hatte. Daher holte er kurzerhand eine private Musik-Kassette mit Merengue- und Salsa-Musikstücken aus seinem Auto und setzte diese Musik im Kurs ein. Spontan passte er die Aerobic-Übungen den Latino-Rhythmen an.
Dies kam bei den Teilnehmern so gut an, dass sich daraus ein sehr erfolgreiches Fitness-Konzept entwickelte, das sich auch wirtschaftlich nutzen ließ. Denn der Name Zumba® ist eine weltweit registrierte Marke der Zumba® Fitness, LLC. Millionen Menschen weltweit schwitzen seitdem täglich zu den energetischen Latino-Rhythmen, und die Rechte-Inhaber können im Rahmen der Lizenzvergabe über die Qualität der Kurse wachen und natürlich Geld verdienen.
So gab es bereits 2013 weltweit mehr als 100.000 Trainer, die 300 Euro für die Zumba®-Lizenz bezahlt haben. Nach Schätzungen liegt zudem allein der Umsatz mit Zumbawear bei mehr als 100 Millionen Dollar.
Auch das Training-System Les Mills® ist schnell sehr erfolgreich geworden. Dieses basiert auf einem vorchoreographierten Übungsprogramm, das durch darin ausgebildete Trainer und aktuelle Musik begleitet wird. Alle drei Monate erscheint ein neues Programm mit neuer Choreografie-Ausarbeitung und Musik.
Der Diskuswerfer und Kugelstoßer Les Mills gründete 1968 zusammen mit seiner Frau Colleen das erste Les-Mills-Fitnessstudio und entwickelte mit seinem Sohn Phillip in den 1980er Jahren die ersten Gruppenfitnessprogramme, die zunächst nur in den eigenen Fitness-Studios genutzt wurden. Heute verwenden weltweit über 15.000 Fitness-Studios in 80 Ländern die Fitnessprogramme von Les Mills® und zahlen natürlich Lizenzgebühren an die Rechteinhaber.
„Aus Naming- und ökonomischer Sicht haben es die Erfinder von Zumba® und Less Mills® bei der Namensfindung richtig gemacht, denn sie haben nicht nur auf ihre Methode gesetzt und einen nicht schützbaren beschreibenden Namen (wie z.B. Latino-Tanzfitness), sondern auf starke Marken und Markenschutz. Die Namen Zumba® und Less Mills® sind im Zusammenhang mit ihren darunter angebotenen Dienstleistungen und Waren abstrakte und daher sehr gut schützbare (monopolisierbare!) Marken. Diese werden sehr erfolgreich lizensiert. Dagegen ist aus dem Namen Pilates ein beschreibender Begriff geworden, den eigentlich jeder nutzen kann. Wirtschaftlich ist der Name daher für Pilates und seine Erben nicht mehr auswertbar. Aber vielleicht war dies von Joseph Hubertus Pilates auch so gewünscht. Vielleicht lag ihm mehr an seiner Trainingsmethode und deren Nutzung durch jeden Interessierten, als an der ökomischen Abschöpfung“, so NAMBOS-Markenanwalt Ströll.